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Daniel Decker – Enklave EP. Freiräume, Geister und eine Ballade.
von matze | 15.Mai 2010
Daniel Decker hat sich schon immer selbst Freiräume erkämpft. Schon vor Jahren gründete er sein eigenes Label Lolila und verlegte dort die Musik von unter anderem Er France und Na Sabine, wie sieht’s aus in München?!. Beides Bands, die nicht gerade für besonders radiofreundliche Musik stehen. Auch er selbst machte schon damals Musik als Pawnshop Orchestra, passte selbst auch perfekt auf sein Lovely Little Label. Die Enklave-Ep, seine erste CD unter bürgerlichem Namen, erscheint zwar bei Tumbleweed, aber Freiräume hat er auch da.1
Und wo er keine hat, erkämpft er sie sich. Oder singt zumindest drüber, wie in Opener, Titeltrack und kommender Single Enklave. Hier werden (wie auch auf einer zugehörigen Seite, die sich auch unter einem der QR-Codes im Booklet findet und einem sich in der Produktion befindenden Video) Freiräume für alles gute und schöne gefordert. Das klingt dann sowohl musikalisch und textlich ziemlich nach Hamburger Schule – und das soll nicht die letzte Referenz sein, die einem beim Hören der EP einfällt.
Der Promozettel2 nennt beinahe zu jedem Song eine internationale Größe, die ähnlich klingen soll – dass dabei aus Brian Molko Brian Moloko wird, ist wahrscheinlich bloßer Zufall. Aber der Placebo-Vergleich passt schon überraschend – aber das Original ist wie meistens besser als die Kopie. Zum Glück ist All die Geister mit denen ich schlief aber der schwächste Song der Ep.
Im nächsten Song 22.22 besinnt sich Daniel Decker nämlich wieder auf PSO-Zeiten und liefert eine ziemlich großartige Satire auf alle Wichtigtuer unter den Songwritern. Und auch, wenn wir genau diese Musiker ja oft mit am meisten lieben, macht es Spaß, einmal über – oder eben mit ihnen – zu lachen.
Lied Nummer vier (Vorstadtjunge) ist dann die 1:1-Übertragung des 80er Jahre Gay-Klassikers Smalltown Boy von Bronski Beat, und deshalb sparen wir das hier mal aus.
Schließlich geht es im Anschluss daran zum besten Lied des Albums, Langsames Gift. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass jeder Platte eine Ballade gut zu Gesicht steht, und bei Enklave ist es der letzte Song. Schaurig-schöner hat zumindest dieses Jahr noch kaum jemand all den Schmerz, den man beim Gang durch diese Welt fühlt, beschrieben. Und ist dann auch noch zu einem Happy End gekommen.
Daniel Decker – Enklave EP (ab 28.5.2010, Tumbleweed/Broken Silence)
- Lolila gibt es aber noch. Daniel schrieb mir, dass er sich allerdings bei der Platte auf die Musik konzentrieren wollte. [↩]
- übrigens verfasst von Oliver Minck of Wolke- und Oliver Minck Erfahrung-Fame [↩]
künstlerkollektiv: Bronski Beat, Daniel Decker, Die Oliver Minck Erfahrung, Moloko, pawnshop orchestra, placebo, wolke
file under: platten | Kommentare deaktiviert für Daniel Decker – Enklave EP. Freiräume, Geister und eine Ballade.
kommentare verboten. was wir schreiben, stimmt auch.