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wenn der schlachthof zum tanze lädt: folklore 008 (teil 2)
von jonas | 6.September 2008
am samstag gings los mit abuela coca, einer band aus uruguay, die eine mischung aus raggae, rock und lateinamerikanischer musik spielt. ich habe allerdings nur noch die letzen lieder mitbekommen. klang nach einer typischen festivalnachmittagsband, angenehm um in stimmung zu kommen. danach stand dann auch schon direkt der erste act des tages auf dem programm, auf den ich mich wirklich gefreut hatte: get well soon, die band um konstantin gropper, seines zeichens deutsches indie-wunderkind und emofrisurträger aus überzeugung. insofern überrascht auch nur bedingt, dass der britische nme ihn für den teufel hält (was allerdings wohl irgendwie positiv gemeint ist).
die sechsköpfige band um kapellmeister gropper lieferte auch wie erwartet einen guten auftritt ab. von der prelude an war für atmosphärische stimmung gesorgt, live kamen besonders auch die zahlreichen langsamen steigerungen und laut-leise-kontraste der lieder gut raus. genau das richtige für den beginnenden sonnenuntergang. erwähnenswert waren außerdem noch die überlebensgroßen, bizarren figuren der aktionstheatergruppe bouldegom’théâtre, die sich während des konzerts unter die zuschauer gemischt hatten, um mit zu tanzen und zu schunkeln. von gropper wurden sie als „zombiegiraffen“ bezeichnet. das triffts ganz gut denk ich.
als nächstes war dann ein weiteres highlight des festivals dran, nämlich blackmail aus koblenz. es war inzwischen schon das dritte mal innerhalb eines jahres, dass ich die band gesehen habe (von den ganzen verpassten gelegenheiten will ich gar nicht erst anfangen, das ist eine andere geschichte), und ich muss sagen, diesmal haben sie mir eindeutig am besten gefallen. sänger aydo meinte, es wäre ihr letztes festival-konzert in diesem jahr, und irgendwie umwehte den auftritt so eine ausgelassene atmosphäre wie bei einem letzen abend auf klassenfahrt. man hat der band jedenfalls angemerkt, dass sie gut drauf war und das hat sich auch auf die zuschauer übertragen, zumindest vorne wo ich stand.
nicht fehlen durften dabei natürlich die ganzen gimmicks, von der wall of death bis zu aydos stagedive zum mischpult und zurück. als dann auch noch eine junge zuschauerin ihren schuh verloren hatte und ein lied unterbrochen werden musste, um die problematische situation zu klären (aydo von der bühne (mehrmals): „deinen waaaaaas?!“), hatte die gute laune endgültig oberhand. und der schuh ist nach kurzer zeit sogar wieder aufgetaucht. achja, nicht vergessen werden sollten auch die älteren damen von theater flats, die irgendwann plötzlich die bühne enterten und den roadie dort oben ziemlich verwirrten. aber auch die musik an sich war sehr geil, nach zahlreichen alben können blackmail inzwischen ja auch auf eine ziemlich große auswahl an wirklich guten songs zurückgreifen.
nach einer kleinen kulinarischen stärkung (paniertes hühnerfleisch mit reis und erdnusssoße – hmm, lecker!) ging es dann weiter mit dem ersten nicht-musikact, den ich mir beim folklore anschaute: marc-uwe kling, ein kabarettist und gewinner mehrerer poetry slams. auf der kleinen open air-bühne beim turm sang er mit akustikgitarre oder klavier lieder (u.a. eine ode an das einmalig deutsche wort „scheißverein“) und erzählte geschichten von sich und seinem freund, dem kapitalismusbekämpfenden känguruh. ein sehr unterhaltsames programm, und ohne frage um meilen besser als der scheiß, den man im fernsehen unter dem etikett „comedy“ zugemutet bekommt.
der auftritt von marc-uwe kling war sogar so gut, dass ich nicht schon gleich zu beginn des konzerts von rummelsnuff in die halle gegangen bin, sondern erst eine halbe stunde später. vom ominösen rummelsnuff, diesem matrosen/bodybuilder/türsteher/sänger/monster/irgendwas, habe ich so nur noch die letzten beiden lieder mitbekommen, danach verließ er wortlos und ohne zugabe die bühne. und was soll ich zum seinem auftritt sagen? klar ist er eine eindrucksvolle figur, aber ehrlich gesagt kann ich überhaupt nicht verstehen, wieso er sowohl in den qualitätszeitungen als auch in der intro total abgefeiert wurde. denn wenn man die person rummelsnuff mitsamt all ihrer widersprüche und absonderlichkeiten mal außer acht lässt und nur die musik betrachtet: die ist ja wohl schon wirklich sehr, sehr übel, oder etwa nicht?! um das gut zu finden muss man wohl schon zu masochismus neigen, oder aber eine intellektuell-ironische distanzierung von hier bis zum mond aufbringen. außerdem hätte ich mir wenigstens von seiner bühnenperformance etwas mehr erwartet, das was ich vom auftritt mitbekommen habe wirkte doch eher lustlos und runtergespult als aufregend oder faszinierend.
danach habe ich mir dann noch die spanische funkband sweet vandals angegehört. sehr tight die jungs – und das gilt natürlich auch für die frontfrau mit ihrem voluminösen klangkörper. aber das schönste an funkkonzerten ist wohl, dass das publikum dort imstande ist, von selbst auf die 2 und die 4 mitzuklatschen (ein leidiges thema, ich weiß). nur kenne ich leider kaum jemanden, der meine begeisterung für diese musikrichtung teilt.
deshalb weiter zu einem programmpunkt, den ich zumindest theoretisch sehr schön fand: die kopfhörerdisko am turm. dort konnte man gegen einen pfand einen kopfhörer mit dazugehörigem abspielgerät entleihen und mit diesem hören, was der dj vor ort auflegte. auf jeden fall eine nette idee, nur leider handelte es sich bei der „musik“, die aufgelegt wurde, um house. eigentlich völliger schwachsinn, da diese art von musik ganz sicher nichts für das schlachthof-publikum ist. und so war es amüsanter, sich von außen die verstreut tanzenden gestalten zu betrachten und dabei die stille zu genießen.
nach diesem experiment war es dann an der zeit, sich in bus nach mainz zu quetschen und den heimweg anzutreten. am sonntag bin ich nicht mehr zum folklore gefahren, weil mir das programm an diesem tag nicht so zugesagt hat. dennoch mein fazit: tolle bands + schöne atmosphäre + klasse preise = im nächsten jahr gerne wieder!
künstlerkollektiv: abuela coca, blackmail, get well soon, marc-uwe kling, rummelsnuff, sweet vandals
file under: live und in farbe | 4 kommentare »
8.September 2008 at 9:43 am
Betr. Auftritt Rummelsnuff…
Ich frag mich, wie der Verfasser diese Berichtes über einen Auftritt urteilen will, den er noch nicht einmal komplett gesehen hat und wohl auch während der Zeit der Anwesendheit sich mit anderen Dingen beschäftigt hat. Denn wie ist es sonst zu erklären, das er nicht mitbekommenhat, das es sogar Zugaben gab….komisch….
Zudem war der Auftritt seitens der Veranstalter von Freitag auf Samstag verschoben und dann auch noch um einiges gekürzt worden.
Es ist natürlich immer leicht, oberflächliche Kommentare abzugeben, wenn einem das Hintergrundwissen fehlt…
Also, erst informieren, dann lästern…
In diesem Sinne, Grüße aus Rentners-Heaven Wiesbaden
Jürgen
8.September 2008 at 2:52 pm
Ich muss Jürgen absolut Recht geben. Da hast du nur einen Ausschnitt wahrgenommen und den verurteilt. Sicher, deine freie Meinung. Aber lass dir bitte folgendes sagen:
1.) Die beiden letzten Lieder WAREN die Zugaben (die vom Publikum eingefordert wurden…nachdem es erst mal warm geworden ist und sogar getanzt wurde und es laute „Rummelsnuff!!!“-Rufe gab, und die nicht nur von mir.)
Zum Zeitrahmen habe ich meinem Vorredner nichts hinzuzufügen. Hätte Rummelsnuff noch eine halbe Stunde mehr gehabt, wär es sicher noch ganz anders zugegangen. Aber…
2.) Stichwort „Bühnenshow“: Der Mann ist kein extrovertierter Freddie Mercury-Typ, der extrem mit dem Publikum interagiert und spielt. Aber wer ihn auf der Bühne genau beobachtet, der sieht wie sehr er in der Musik aufgeht! Ausserdem ja, man BENÖTIGT eine Portion Ironie für die Sache, die hat selbst Käptn Rummelsnuff persönlich.
3.) Warum wird er so „gefeiert“? Betrachte dir bitte mal seinen Lebenslauf, der Mann macht das nicht erst seit vorgestern, genauso wie der Rest der Mannschaft.
Zum Thema „Widersprüche und Absonderlichkeiten“ sage ich gar nichts mehr. Da wird genug geredet. Lern ihn erstmal kennen. Oder auch nicht.
Nimms mir nicht übel, aber da hast du mehr deine (freie) Meinung sprechen lassen, als Objektivität. Das nächste Mal besser früher kommen oder 2x drüber nachdenken.
Vielen Dank,
der Basti wars
8.September 2008 at 9:05 pm
der gedanke, dass es sich bei den beiden liedern, die ich noch mitbekommen habe, bereits um die zugabe handeln könnte, ist mir tatsächlich nicht gekommen – mein fehler!
und dass ich von dem auftritt irgendwie „mehr“ erwartet hatte, daran hat rummelsnuff keine schuld, schließlich sind es ja meine erwartungen. außerdem hätte ich ja auch früher hingehen können, obwohl ich im nachhinein nicht bereue, lieber noch bei marc-uwe kling geblieben zu sein.
direkt vor der bühne war sicherlich stimmung, aber ich glaube insgesamt konnte die mehrheit der leute, die da waren, eher nicht so viel mit dem auftritt anfangen. ist ja auch keine große überraschung, die besucher des festivals waren ja nicht gerade die typische rummelsnuff-zielgruppe (falls es eine solche überhaupt gibt…).
dass dieser bericht meine persönliche meinung wiedergibt und keineswegs beansprucht, objektiv zu sein, hast du richtig erkannt, sebastian.
ich habe ganz sicher auch nichts gegen rummelsnuff persönlich oder gegen leute, die seine musik mögen.
8.September 2008 at 10:12 pm
ok, bei der nächsten gelegenheit schau ich mir ein komplettes rummelsnuff-konzert an. hab auch nur die letzten zwei lieder gehört und war auch nicht begeistert. aber ok, die chance geb ich ihm nochmal.