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mal was anderes hören: heinz strunk liest „die zunge europas“
von jonas | 8.Oktober 2008
so, heute geht es hier ausnahmsweise mal nicht um musik, dennoch bleiben wir dem hören treu. anlass ist die hörbuchversion von heinz strunks neuem roman „die zunge europas“, die am 2. oktober erschienen ist.
bei hörbüchern ist das ja so eine sache: viel steht und fällt mit dem vorleser. mit heinz strunk liest der autor seinen roman selber, und hat man sich mal an die von studio braun bekannte stimme gewöhnt, passt das auch wirklich gut. diese schnoddrig-norddeutsche vortragsart mit leichtem lispeln harmoniert wunderbar mit den teilweise abstrusen gedanken des ich-erzählers. wie schon in heinz strunks erstem roman „fleisch ist mein gemüse“ geht es mal wieder um vermeintliche verlierertypen und deren tragikomisches alltagsleben. doch statt einem pubertierenden tanzmusiker vom dorf steht diesmal ein frustrierter mittdreißiger im zentrum: markus erdmann, ein erfolgloser comedyautor, dem zwar vieles einfällt, aber nichts, was sich verwerten ließe.
aus seiner perspektive erlebt der hörer sieben tage des ausklingenden hitzesommers, sieben tage zwischen besuchen bei den großeltern, routiniertem müßiggang, unergiebigen treffen mit seinem arbeitspartner sven, einem unnützen vorstellungsgespräch und der langweiligen beziehung zu sonja. alles was markus sieht und erlebt wird dabei ausführlich von ihm kommentiert oder als anlass für abschweifende fantasien benutzt, doch sich selbst hat er schon längst aufgegeben, schließlich hält er sich für besonders unattraktiv. traumatische jugenderinnerungen runden das durchschnittliche elend ab.
ein roman über seinen onkel friedrich, den legendären kaffeeexperten und von ihm bewunderten sprücheklopfer mit dem spitznamen „die zunge europas“, soll nun einen ausweg aus dieser situation bringen. außerdem verspricht ein zufälliges zusammentreffen mit janne, der er zu schulzeiten englischnachhilfe gegeben hatte und die sich „vom saulus zum paulus“ verwandelt hatte, hoffnung. die scheint seine negative einschätzung von sich nämlich nicht zu teilen und will sich mit ihm verabreden. dennoch ist und bleibt markus ein beobachter, ein grübler, jemand, der lieber aufgibt statt zu verlieren. doch schlussendlich entscheidet er sich für den versuch, sein leben wieder selbst in die hand zu nehmen…
mit „die zunge europas“ beleuchtet heinz strunk erneut menschliche abgründe, die sich hinter der allgegenwärtigen normalität tarnen. dabei nutzt er in bewährter art die nachbarschaft von tristesse und komik. mehr als die dramaturgie der erzählung steht ihre authentizität und damit verbunden die teils wilden gedankenfluten des „m. erdmann“ im vordergrund. alles in allem ein buch, das sich zu hören (und wohl ebenso zu lesen) lohnt.
am rande: heinz strunk war bei der hamburgwahl diesen jahres spitzenkandidat der titanic-partei die partei und hat in dieser funktion auch in angetrunkem zustand verworrene und übergeschnappte wahlkampfreden gehalten.
heinz strunk – die zunge europas (6 cds, 2008, tacheles!/indigo)
und wer lieber liest: das gleichnamige buch ist bei rowohlt erschienen
künstlerkollektiv: heinz strunk, studio braun
file under: platten, und so | 1 kommentar »
7.Januar 2009 at 12:52 pm
Am 12. Januar liest Heinz Strunk aus seinem neuen Roman Fleckenteufel in der Zoë-Bar (Clemens-Schultz-Str. 96 in Hamburg). Die Lesung beginnt um 20:00 Uhr und wird live übertragen.
Hier können Sie live dabei sein.