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Elena Farr – Voices In My Head. Altherrenmusik.
von jonas | 30.Dezember 2009
Der Waschzettel lässt einen zunächst im Unklaren, worum es hier überhaupt geht. „Gitarrenmusik frei von Genrezwängen“ – Aha, das behauptet ja jeder. Leider ist die Gitarrenmusik, die Elena Farr aus Düsseldorf auf ihrem Album „Voices In My Head“ darbieten, vor allem frei von spannenden Ideen.
Die Akkorde fließen so vor sich hin, alles hat man irgendwo anders schonmal besser gehört. Die Musik ist nicht störend, aber auch nicht packend. Man stellt sich eigentlich die ganze Zeit ältere Männer vor, die während des Musizierens selbstgefällig nicken und mit einem Fuß im Takt mitstampfen. Die Texte regen eher zum Gähnen als zum Nachdenken an. Und auch die nicht sehr druckvolle und wenig ausgefeilte Produktion macht die Sache nicht besser. Man muss ja keineswegs ständig den neuesten Trends hinterherhetzen, aber ein bisschen mehr Elan täte Elena Farr schon gut.
Der Opener Once Upon A Time sowie das darauffolgende Blue holpern noch einigermaßen nett anzuhören vor sich hin. Danach ist aber erstmal Langeweile angesagt. Nur bei Why I Like To Be With You kommt kurzzeitig so etwas wie Stimmung auf. Spätestens beim Refrain fühlt man sich dann allerdings an eine zweitklassige Joy Division-Coverband erinnert, die auf einem Rummelplatz spielt. Die darauffolgenden Songs You Put Us Together und Walk On By klingen mit ihrem Dreivierteltakt fies nach Mitschunkeln.
Burning soll dann wohl rocken, würde diesen Effekt aber höchstens erzielen, wenn das Lied in einem Altersheim aufgelegt werden würde. Bei I’m Going Down lässt sich das abgegriffene Bild von feuerzeugschwenkenden Fans mit Tränen in den Augen nur schwer aus dem Kopf vertreiben. Sunday und Don’t Think You’re The Only verdienen sich dagegen immerhin noch das zweifelhafte Prädikat „ganz okay“.
Vielleicht sollte sich Sänger und Gitarrist Stefan Kürten besser wieder seinem anderen Steckenpferd, der Malerei, widmen. Das von ihm gestaltete Cover und die Bilder im Booklet sehen schließlich ganz gut aus.
Elena Farr – Voices In My Head (VÖ: 08.01.2010, Lolila/Broken Silence)
künstlerkollektiv: Elena Farr
file under: platten | 2 kommentare »
30.Dezember 2009 at 12:08 pm
sowas nennt man dann wohl eine „vernichtende“ kritik…
11.Februar 2010 at 6:33 pm
Habe die Gruppe am 5. Februar live im Pretty Vacant in Düsseldorf erlebt und war von deren Gig begeistert – sehr empfehlenswert!
Zur CD: Ich teile an mancher Stelle die Kritik von Jonas (s.o.), nur ziehe ich andere Schlüsse daraus. Es ist nicht die CD des Jahres und sicherlich hätten die Musiker an mancher Stelle mutiger ans Werk gehen können. Auch die Qualität der Produktion ist nicht optimal. Allerdings ist das Ergebnis für mich trotz alledem sehr hörenswert und dieses „Gepolter“ hat seinen eigenen Charme.
Wie auch immer: Die tatsächlich vernichtende Kritik von Jonas erscheint mir bei weitem überzogen, die Ansprüche zwischen ihm und der Band scheinen dafür zu unterschiedlich. Vom handwerklichen abgesehen bleibt es eine Frage des Geschmacks, der eigenen Erwartung und des momentanen Bewußtseins. Im übrigen ist eine 2tklassige Joy Division oft besser als so manch anderer Mist, der derzeit die Ohren belastet.
Alles in allem für mich eine gelungene CD von Männern, die genau wissen, was sie können und vor allem, was sie nicht können. Und das klingt dieses Mal ganz schön!
Joe